Zwei Wochen vor der Bundestagswahl traf sich noch einmal der Parteivorstand in Berlin. Wahlkampfbedingt etwas dezimiert, aber Beschlüsse wollen ja trotzdem gefasst werden. Im Mittelpunkt standen dabei natürlich aktuelle Einschätzungen zur Bundestagswahl, aber auch die Auswertung der Kampagne „Dass muss drin sein“ und die Mitgliederentwicklung.

Polarisierung trotz fehlender Wechselstimmung. So lässt sich der aktuelle Bundestagswahlkampf wohl ganz gut beschreiben. Wer Hoffnung darin gelegt hatte, dass das TV-Duell zwischen Merkel und Schulz noch einmal mehr Bewegung in die Sache bringt wurde enttäuscht. Das Sandra Maischberger mehrfach auf die Einmütigkeit und Übereinstimmung der beiden Kanzlerkandidat*innen verwies, war dafür Zeichen genug. Auch wenn Schulz die Bundeskanzlerin an der ein oder anderen Stelle kurz zum schwimmen in ihrer Argumentation bringen konnte, blieb sonst alles beim Alten. Die SPD kann nicht weiter zulegen und die CDU liegt in den Umfragen einsam an der Spitze. Lediglich um Platz 3 scheint es derzeit noch spannend zu werden. Und hier bringen sich FDP und Grüne schon gegenseitig in Stellung. Erst gestern hatte Cem Özdemir wie auch einige Tage zuvor die Liberalen zum Hauptgegner erklärt, im Kampf um die Regierungsbank. Das heißt am Ende fokussiert auch die Grünenspitze bereits auf eine Schwarz-Grüne Machtoption. Das hat auch zur Folge, dass eine Mitte-Links-Koalition gänzlich aus den Debatten verschwunden ist. Weder rechnerisch realistisch noch in den Farbspielen der Demoskop*innen spielt eine wirksame Mehrheit von links noch eine Rolle. Mit Blick auf die potentielle Zusammensetzung des kommenden Bundestages ist dies nur ein Element einer drohenden Verschiebung nach rechts, wenn möglicherweise mehr als 60 Sitze im rechtskonservativen bis nationalen Lager landen werden. Ein zweites Element des Rechtsrucks hat das TV-Duell (und auch die anderen Duellformate, wenn gleich nicht in diesem Ausmaß) gezeigt. Aktuelle Diskurse sind völlig verschoben. Verschoben nach rechts durch die Wirkmacht einer Partei die noch gar nicht im Bundestag sitzt, weil führende Politiker*innen wie der Bundesinnenminister de Maizière oder verschiedene CSU-Politiker*innen im Wettstreit darüber sind, wer sich am schnellsten die Positionen der AfD zu Eigen macht. Eine solche Politik hat zur Folge, dass dann eben im TV-Duell über die Hälfte der Zeit darauf verwendet wird über Flucht und Migration als Last und Sicherheitsrisiko zu debattieren und die drängenden Fragen zu mehr sozialer Gerechtigkeit eben mal in 8 Minuten abgehandelt werden. Selbst die Tatsache dass durch die Abschottungspolitik der EU täglich Menschen auf den Fluchtrouten sterben, wurde faktisch nicht erwähnt. Im Fünfkampf der kleinen Parteien streiteten stattdessen beispielsweise der bayerische Innenminister Herrmann und die AfD-Spitzenkandidatin Weidel darum, wer besser abschieben kann und will. Humanität und Menschenwürde? Fehlanzeige. Eine engagierte Debatte von links für mehr soziale Gerechtigkeit hat es da derzeit schwer durchzudringen.

Und nun den Kopf in den Sand stecken? Natürlich nicht. Wir müssen in den kommenden zwei Wochen bis zur Wahl deutlicher denn je dieser Diskursverschiebung nach rechts unsere Haltung für Humanität und Menschenrecht und gegen die soziale Spaltung entgegensetzen. In den Umfragen sind wir seit Wochen stabil. Eine gute Grundlage in den kommenden beiden Wochen mit all unseren Reserven und Ressourcen darauf aufzubauen und bei den Unentschlossenen aufzuzeigen, wie wichtig eine LINKE als drittstärkste Kraft im Parlament ist. Im August gelang es uns 12% der Unentschlossenen für uns zu gewinnen. Setzen wir also alles daran, im September weitere Unentschlossene zu überzeugen. Deutlich werden muss: DIE LINKE macht den Unterschied – Soziale Gerechtigkeit ist wählbar.

Die Entscheidung in diesem Wahlkampf liegt zwischen einer Politik des Weiterso mit verschlimmbessernden Varianten und einer Politik des sozialen Aufbruchs. Das ist die Wahl, bei der es sich lohnt, seine Stimme abzugeben und selbst mitzuentscheiden, ob Politik weiter nur über die Sorgen der Menschen redet, aber nichts dagegen tut, dass in unserem reichen Land die Armut – besonders von Kindern und im Alter – weiter steigt, oder ob Politik die Probleme der Menschen in den Mittelpunkt stellt und ernsthaft an deren Lösung arbeitet. Jede und jeder hat die Wahl, ob Stress und Erschöpfungsdepressionen in der Arbeit weiter zunehmen, ob mehr Menschen ihre Pflegekosten nicht mehr tragen können, andere nicht mehr wissen, wie sie bei explodierenden Mieten und steigenden Beiträgen der Krankenversicherungen über die Runden kommen sollen – oder ob soziale Zuwendung und Sicherheit die Gesellschaft zusammen hält, der Reichtum dieser Gesellschaft gerecht verteilt wird, eine offene Demokratie zur Mitwirkung einlädt und herausfordert, Klimaschutz und sozialökologischer Umbau keine Lippenbekenntnisse, sondern Handlungsauftrag sind, das Öffentliche durch Investitionen und Eigentum gestärkt wird und die Außenpolitik dem Grundsatz verpflichtet ist, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf.

In all diesen Fragen macht DIE LINKE den Unterschied. Je stärker DIE LINKE im Bundestag ist, umso größer die Chance, dass die anderen Parteien nicht einfach Weiterso machen können. Insbesondere SPD und Grüne werden mit einer starken LINKEN im Bundestag herausgefordert, Farbe zu bekennen, wessen Interessen sie vertreten. Das ist unsere zentrale Botschaft für die letzten beiden Wochen.

Das bedeutet weiter intensiv zu streiten: Dass kleinere und mittlere Einkommen entlastet werden und Superreiche endlich in die Gesellschaft integriert werden, in dem sie – wie alle anderen auch – Steuern bezahlen und sich so an der Daseinsvorsorge aller beteiligen. Dass Armut endlich ein Fremdwort wird. Dass Gesundheit keine Ware mehr ist. Dass Wohnen zum Menschenrecht wird. Und für eine eine konsequente Abrüstung und Friedenspolitik, auch um Fluchtursachen wirksam zu bekämpfen. Das haben auch Gregor und Katja im Rahmen der Pressekonferenz im Karl-Liebknecht-Haus zu den inhaltlichen Schwerpunkten der LINKEN im Wahlkampfendspurt nochmal deutlich gemacht.

Und gleichzeitig mahnen und warnen wir weiter davor, dass zum ersten Mal seit 60 Jahren wohl eine Partei in Fraktionsstärke in den Bundestag einzieht, die Verbindungen in extrem rechte, ja rechtsterroristische Strukturen hat. Jede Stimme für DIE LINKE ist auch eine Stimme gegen die Stichwortgeber von Hass und Gewalt, die sich im Internet und auf der Straße gegen Geflüchtete, Minderheiten und Andersdenkende richten. Wir stehen an der Seite derer die für ihr Engagement am Pranger stehen und Hass und Gewaltdrohungen von Rechts ausgesetzt sind. In der Partei wie auch außerhalb. Denn die Anfang angesprochene Polarisierung zeigt sich auch in Fällen in denen Genoss*innen an Infoständen, in Wahlkreisbüros oder zuhause bedroht werden oder sogar physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Den Genoss*innen die derzeit genau dafür streiten und dem Rechtsruck trotzen, auf der Straße beim Infostand, bei den Diskussionsrunden, im Netz und wo auch immer ihr noch unterwegs seid, gilt an dieser Stelle der Dank. Mehrere Parteivorstandsmitglieder berichteten über das vielfältige Engagement der Wahlkämpfer*innen vor Ort und auch darüber wie auch viele Neumitglieder aktiv im Wahlkampf sind. Vielen, vielen Dank dafür! Diesen Enthusiasmus müssen wir uns auch nach dem 24.09. bewahren, um nicht nur im Parlament eine starker LINKE Stimme zu haben sondern auch auf der Straße.

Dies zeigt auch die Mitgliederentwicklung: Der Trend aus den ersten beiden Quartalen, dass vor allem viele Neumitglieder unter 35 Jahre sind und DIE LINKE weiter wächst und sich wandelt. Eine Herausforderung, der wir uns nach der Wahl sicherlich auch nochmal genauer stellen müssen.

Beispielweise auch mit Blick auf die Kampagnenfähigkeit. Auch die war Thema der Sitzung. Vorgelegt und diskutiert wurde die Kampagne „Dass muss drin sein“ mit der wir als Partei versucht haben die „soziale Frage“ von links zu thematisieren. Klare thematische Zuspitzungen wie im Bereich der Gesundheits- oder Wohnungspolitik haben gezeigt, dass wir damit den Nerv der Zeit getroffen haben. „Pflegenotstand stoppen“ und „Miethaie zu Fischstäbchen“ waren wirkungsvolle politische Slogans. Bundesweit fanden in den letzten 2 Jahren über 1000 Aktionen zur Kampagne statt. Vielen kleinen Kreisverbänden halfen die Kampagne, die Aktionskonferenzen, Materialen und Hilfestellungen dabei, die eigene Arbeit auch über die Kampagne hinaus, besser zur strukturieren. Allerdings muss auch konstatiert werden, dass die Beteiligung der Kreisverbände und Strukturen regional wie zeitlich erheblich unterschiedlich waren. Das führt auch dazu, dass es im Rahmen der Kampagne leider nur in Ausnahmefällen gelungen ist, bundesweit mediale Aufmerksamkeit für unsere Forderungen zu erzeugen. Regional gab es dagegen einige mediale Erfolge. Die organisierende Parteiarbeit vor Ort muss daher ebenso künftig in den Mittelpunkt gestellt werden wie die Verknüpfung der verschiedenen Elemente organisierender Kampagnen- und Parteiarbeit. Im Januar soll eine Konferenz stattfinden, um die Kampagne noch einmal genauer auszuwerten und mit Blick nach vorne zu beraten, wie künftige Kampagnen gestaltet werden können.

Neben den genannten Punkten haben wir auch noch weitere Beschlüsse (bald hier abrufbar) gefasst, die hier kurz aufgeführt werden sollen:

  • Wir unterstützen den Aufruf zur Demonstration für sexuelle Selbstbestimmung am 16.09.
  • Die Zusammensetzung der Kommission zum Verhältnis von Staats und Gesellschaft zu Religion und Weltanschauungsgemeinschaften wurde beschlossen.
  • Wir unterstützen Tim H. finanziell bei den angefallenen Prozesskosten, als wichtiges Zeichen unserer Solidarität mit dem antifaschistischen Protest.

Die nächste Sitzung findet am 25.09. statt. Bis dahin heißt es weiter kämpfen, kämpfen, kämpfen für eine starke LINKE im Bundestag!

Liebe Grüße Anja & Schafti

 

Endspurt im Kampf gegen den Rechtsruck

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